Funktionsweise des Elektrotauchlackierens

Beim Elektrotauchlackieren (E-Coating) wird die Farbe mittels elektrischem Strom aufgetragen. Das Verfahren funktioniert nach dem Grundsatz „Gegensätze ziehen sich an“

Das Elektrobeschichtungssystem wendet eine Gleichstromladung (DC) auf ein unbehandeltes Metallteil an, das in ein Farbbad mit gegensätzlich geladenen Partikeln eingetaucht ist. Die Farbpartikel werden vom Metallteil angezogen, und der Lack setzt sich dadurch als gleichmäßiger Film auf der gesamten Oberfläche ab, bis die Farbschicht die gewünschte Dicke erreicht. Bei einer vordefinierten Dicke isoliert der Film das Teil, so dass die Anziehung endet und der Prozess damit abgeschlossen ist.
Je nach Polarität der Ladung wird das Ergebnis als anodische oder kathodische Lackierung bezeichnet.

Bei der anodischen Elektrotauchlackierung wird das zu beschichtende Teil als Anode angenommen.  Aufgrund der positiven elektrischen Ladung zieht das Teil die negativ geladenen Farbpartikel aus dem Farbbad an. Während dieses anodischen Vorgangs gehen Metallionen in kleiner Menge in den Lackfilm über. Diese Bewegung kann die Beschichtungsleistung begrenzen. Anodisch lackierte Produkte werden vorwiegend in Innen- oder nur zeitweilig im Freien befindlichen Bereichen eingesetzt. Anodische Beschichtungen sind wirtschaftlich mit ausgezeichnet einstellbaren Farb- und Glanzwerten.

Bei der kathodischen Elektrotauchlackierung wird das zu beschichtende Teil als Kathode angenommen. Aufgrund der negativen elektrischen Ladung zieht das Teil die positiv geladenen Farbpartikel aus dem Farbbad an. Durch diese gegensätzliche Polarität gelangt deutlich weniger Eisen in den trockenen Lackfilm, was die Eigenschaften kathodisch lackierter Teile verbessert. Kathodische Beschichtung sind äußerst leistungsstark mit herausragender Korrosionsbeständigkeit und lassen sich auf eine hohe Langlebigkeit auch im Freien einstellen.

WAS BEDEUTET STREUVERMÖGEN?

Der wahrscheinlich größte Vorteil der Elektrotauchlackierung ist das „Streuvermögen“.  Damit wird die Fähigkeit der Elektroden (Anoden und Kathoden) bezeichnet, Farbpartikel zu zwingen, sich auf und in allen Oberflächen des gewählten Teils abzusetzen.  Das richtige „Streuvermögen“ ergibt eine effiziente und vollständige Beschichtung des fertigen Teils.
Alle geladenen Partikel in der Tauchlackierlösung suchen sich ihren Punkt der größten gegensätzlichen Anziehung. Zu Beginn kann ein solcher Punkt irgendwo auf der blanken Metalloberfläche liegen. Die sich absetzenden Beschichtungspartikel verlieren jedoch ihre Ladung und isolieren somit den von ihnen bedeckten Bereich.  Dadurch wird weitere Beschichtungslösung auf noch unbedeckten Flächen geleitet und das Teil schließlich vollständig beschichtet.
Eine Elektrotauchlackierung baut sich sehr gleichmäßig auf.  Die einzelnen Farbpartikelschichten haften an der Oberfläche des Teils, bis die isolierende Wirkung der Beschichtung ausreicht, die Anziehung zu beenden. Durch Regelung der an die Beschichtungslösung angelegten Spannung lässt sich die Dicke des sich aufbauenden Film präzise steuern.
Im Gegensatz zur Sprüh- oder Pulverbeschichtung werden teilweise umschlossene Bereiche und innenliegende Ecken nicht durch den Faraday-Effekts beeinflusst. Dieser Effekt verhindert, dass sich gegenseitig abstoßende elektrische Felder an Metallecken das Eindringen des Farbsprays in Innenräume stark behindern.
Das „Streuvermögen“ einer Elektrotauchlackierung ergibt eine starke, vollständige und gleichmäßige Ausführung des fertigen Produkts.  Vorteilhaft ist der geringe Lackverbrauch (aufgrund einer dünneren Beschichtung) bei gleichzeitig unvergleichlicher Korrosionsbeständigkeit.

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UNLÖSLICHE ANODEN FÜR DIE ELEKTROTAUCHLACKIERUNG

Vergleich mit Anoden aus Edelstahl
Anoden für die Elektrotauchlackierung bestehen üblicherweise aus Edelstahl, da dieser relativ kostengünstig und überall verfügbar ist. Edelstahl hat jedoch auch eine erhebliche Schattenseite: Er löst sich während des Elektrotauchlackierens auf, so dass Eisen in den Anolyten oder den Lacktank übergeht.
Abbildung 1 verdeutlicht den Auflösevorgang, bei dem das im Edelstahl enthaltende Eisen mit der Säure und dem Wasser im Anolyten reagiert. Die Auflösung ist dadurch begründet, dass das zur Bildung von Eisenoxid erforderliche elektrische Potenzial geringer ist als jenes zum Auslösen der Wasserelektrolyse benötigte.

Wirkung von Eisenoxiden
Die Freisetzung von Eisenoxid im Anolyten bzw. Lacktank kann Probleme verursachen. Im Anolyten erhöht die elektrolytische Bildung von Eisenoxid auf der Anode deren spezifischen Widerstand, was sich lokal auf die Stromdichte auswirkt. Und bei lediglich 50 Parts per Million (ppm) kann Eisen im Lacktank bereits die Tönung speziell von Weiß- und Beigetönen verändern. Bei 100 ppm setzt Eisen in den schwarzen und grauen Grundierungen auf Karosserien die Ebenheit der Beschichtung herab. Das wiederum verringert die Ebenheit der nachfolgenden Sprühbeschichtung. Und da Eisen durch eine Ultrafiltration nicht entfernt wird, befindet es sich anschließend auf den beschichteten Teilen, was die Korrosionsgefahr wegen des hohen Eisengehalts in der Lackschicht erhöht.
 

Unlösliche Anoden
Eine ideale Anode löst sich überhaupt nicht auf und lässt nur sehr wenig Eisenoxid in den Tank oder den Anolyten gelangen. Die Reaktion während des Elektrotauchlackierens entspricht im Falle einer unlöslichen Anode der in Abbildung 2 dargestellten.
Unlösliche Anoden sind verfügbar. Statt aus blankem Edelstahl besteht die Oberfläche von unlöslichen Anoden aus einem chemisch inerten Material.  Dieses stammt üblicherweise aus der Gruppe der Platinmetalle oder deren Oxiden.  Für das Elektrotauchlackieren ist Rutheniumoxid am meisten verbreitet.
Allerdings verbietet sich die Verwendung von reinem Rutheniumoxid aus Kostengründen, weshalb auf ein Titansubstrat lediglich eine dünne Schicht davon aufgetragen wird.  Titan wird wegen seiner Korrosionsbeständigkeit, elektrochemischen Eigenschaften, Verfügbarkeit und Kosten verwendet.
 

Wenig Eisenoxid und Langlebigkeit
Eine Anodenzelle mit einer mit Rutheniumoxid beschichteten Elektrode verhindert praktisch jede Verunreinigung mit Eisen.  Daher verändern sich die Farben nicht und die Korrosionsbeständigkeit des beschichteten Teils bleibt vollständig erhalten.  Außerdem sammelt sich in der Anodenzelle weniger Schlamm an und auf der Membran lagert sich kein Eisen ab.  In Abbildung 3 wird der Eisengehalt zweier Anolyte verglichen, einer mit Anoden aus Edelstahl, der andere mit Anoden aus Rutheniumoxid.
Obwohl die mit Rutheniumoxid beschichteten Anoden zunächst teurer sind, sind sie im Vergleich zu Edelstahlanoden über die Lebensdauer gerechnet kostengünstiger. Anoden mit Rutheniumoxidbeschichtung halten etwa dreimal so lange wie Edelstahlanoden.  Die typische Lebensdauer beträgt 3 Jahre, kann aber auch bis zu 7 Jahre betragen.
 

FAKTEN ZU ANODEN:

  • Kathodische Acrylfarben wirken besonders aggressiv auf Edelstahlanoden.  Hier sind unlösliche Anoden zu bedenken.
  • Bei der Einführung unlöslicher Anoden für das Elektrotauchlackieren vor über 10 Jahren hieß es, sie seien für eine doppelt oder dreifach so hohe Stromdichte (Stromstärke pro Querschnittsfläche) geeignet wie Edelstrahlanoden.  Das stimmt zwar bei niedrigen Spannungen (kleiner/gleich 100 V), gilt aber nur bedingt bei der für das Elektrotauchlackieren benötigten hohen Spannung.  Ein 25-prozentiger Anstieg der Stromdichte ist daher eher wahrscheinlich.
  • Wie bei Edelstahlanoden verkürzen übermäßig große Stromdichten und die Anwesenheit von Chlor die Lebensdauer unlöslicher Anoden.  Unter diesen Bedingungen ist eine Beschichtung zum Beispiel aus Iridiumoxid eine mögliche Alternative.  Außerdem sind die Anoden stets sorgsam zu behandeln.  So darf die Rutheniumoxidschicht nicht beschädigt werden, da dies das Titansubstrat freilegen und die Haltbarkeit der Anode herabsetzen würde.
  • Große Anlagen für das Elektrotauchlackieren verwenden gelegentlich zwei verschiedene Anolyte, einen für unlösliche und einen für Edelstahlanoden.